Infektionsketten unterbrechen: Nächste Schritte zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest in der Sperrzone II

Am Freitag, 20. September 2024, hatte das Hessische Landwirtschaftsministerium (HMLU) zu einer Pressekonferenz eingeladen und stellte den Journalisten gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und der Jägerschaft die weiteren Pläne zum Umgang mit der ASP in Südhessen vor.

Auf der Pressekonferenz des Hessischen Landwirtschaftministeriums in Mörfelden-Walldorf vertrat Markus Stifter als Sprecher des Landesjagdverbandes Hessen die Jägerschaft. Gemeinsam mit dem Leiter der Obersten Jagdbehörde Volker Höhler (vorne Mitte) und Prof. Dr. Michael Lierz vom Arbeitskreis Wildbiologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (vorne rechts) wurde den Journalisten die künftige Strategie zur ASP-Bekämpfung vorgestellt. Foto: Olaf Streubig/HMLU

Das Hessische Landwirtschaftsministerium (HMLU) hat die nächsten Schritte zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bekanntgegeben. Bei einem Ortstermin in Mörfelden-Walldorf erklärten Experten neue Schritte bezüglich der Strategie, mit der die Tierseuche eingedämmt werden soll – mit besonderem Fokus auf das infizierte Gebiet, die sogenannte Sperrzone II.

„Die Erkundung des Seuchengeschehens ist weit vorangeschritten, die Seuchenlage ist weniger dynamisch. Wir haben in großem Umfang taktische Elektrozäune gebaut, außerdem stehen bereits etliche Abschnitte des Festzauns. Damit sind wir mit der Eindämmung der Seuche seit Ausbruch Mitte Juni einen großen Schritt vorangekommen. Jetzt liegt ein Fokus auf der Reduktion der Wildschweinbestände in der Sperrzone II. Damit verfolgen wir das Ziel, die um das infizierte Gebiet liegende seuchenfreie Sperrzone I vor einem möglichen Übertritt infizierter Wildschweine zu schützen und unternehmen alles Notwendige, um die Afrikanische Schweinepest weiter einzudämmen“, erläutert Volker Höhler, Leiter der Obersten Jagdbehörde und Leiter der Stabseinheit Schwarzwildmanagement im Hessischen Landwirtschaftsministerium.

Nächster Schritt: Reduzierung von Schwarzwild in der Sperrzone II

Zunächst galt für die Sperrzone II ein absolutes Jagdverbot, um möglicherweise infizierte Wildschweine nicht in seuchenfreie Gebiete zu vertreiben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage bezüglich des Geschehens der Tierseuche konnten am 9. September erste Lockerungen für die Jagd beschlossen werden, unter anderem ist die Bejagung von Schalenwild (außer Schwarzwild) unter Auflagen erlaubt. Der nächste strategische Schritt sieht vor, die Wildschweindichte in der Sperrzone II zu reduzieren, um Infektionsketten zu unterbrechen und die Sperrzone I zu schützen.

Seuchenbekämpfung mit Fallen

Von einer direkt am Saufang stehenden Ansitzeinrichtung soll das Schwarzwild auf kurze Distanz erlegt werden. Der hier gezeigte „Krefelder Saufang Vario“ hat einen Radius von 12 Metern und verfügt über zwei per Mobilfunk steuerbare Falltore. Diese können aus der Ferne betätigt werden, sobald per Videoüberwachung sichergestellt ist, dass die komplette Rotte in der Mitte des Saufanges steht. Foto: Markus Stifter

Dafür werden in Hessen künftig in der Sperrzone II Fallen – sogenannte Saufänge – eingesetzt. Saufänge sind eine bewährte Maßnahme der Seuchenbekämpfung, die bereits im europäischen Ausland sowie in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zur ASP-Bekämpfung zum Einsatz kommen. Ausschließlich der Saufang ermöglicht es, ganze Rotten auf einmal zu entnehmen, ohne die Tiere zu beunruhigen und eine Versprengung der Seuche in bisher noch nicht infizierte Gebiete zu vermeiden.

Video: Saufang im Einsatz (Falltor schließen)

Wildbiologe Johann David Lanz erläutert die Funktion des Saufanges und das Schließen des Falltores.
Video: Markus Stifter

Tierschutzgerechter Einsatz von Saufängen

„Der Einsatz von Saufängen in der Tierseuchenbekämpfung ist eine Ultima Ratio. Umso wichtiger ist es, auf einen tierschutzgerechten Einsatz zu achten. Die Wildschweine werden im Vorfeld durch Anfüttern langsam an die Anlage gewöhnt, um von Beginn an Stress zu reduzieren. Es kommen nur Fallen ohne Metallgitter zum Einsatz, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Die Saufänge werden außerdem kontinuierlich überwacht, um vor allem beim Auslösen der Falltür sicherzustellen, dass sich die gesamte Rotte in der Anlage befindet, keine anderen Tiere mitgefangen werden und sich kein Wildschwein beim Auslösen der Fallentür verletzten kann. Der Abschuss erfolgt dann durch geschultes Personal,“ erläutert Prof. Dr. Michael Lierz von der Justus-Liebig-Universität Gießen, wildbiologischer Berater des Führungsstabs ASP des Hessischen Landwirtschaftsministeriums. Er hat zum Thema Saufänge geforscht und eine Studie zu deren tierschutzgerechtem Einsatz im Jahr 2022 abgeschlossen.

Der Einsatz der Saufänge wird zentral im Hessischen Landwirtschaftsministerium durch die Stabseinheit Schwarzwildmanagement geplant und gesteuert in Abstimmung mit den zuständigen Veterinärämtern vor Ort sowie mit den betroffenen Forstämtern und Jagdausübungsberechtigten in privaten Jagdbezirken. Die Entnahme der Wildschweine erfolgt durch geschulte Schützenteams. Die Bergung der Wildschweinkadaver wird durch geschulte Beauftragte der Veterinärämter der Kreise durchgeführt.

Landestierschutzbeauftragte sieht keinen Spielraum

Auch die Tierschutzbeauftragte des Landes Hessen, Dr. Madeleine Martin, hat sich mit dem Thema Saufänge beschäftigt und weiß: „Hessen hat intensiv dazu geforscht und diese Fallen getestet. Das hier gewählte Modell, das sich in dem Forschungsprojekt als geeignet erwies, ist akzeptabel und wird auch dem Tierschutz am ehesten gerecht. Der Einsatz von Fallen ist für die Tiere immer eine Belastung, gleichwohl lassen die EU-Vorschriften zur Seuchenbekämpfung der Hessischen Landesregierung keinen Spielraum.“

Unterstützung der Jägerschaft

Auch die neuen Maßnahmen zur ASP-Bekämpfung werden von der hessischen Jägerschaft unterstützt:

„Der Einsatz von Saufängen im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung hat sich bereits in anderen Bundesländern bewährt. So kann es gelingen, ganze Wildschweinrotten zu entnehmen und die Infektionsketten zu unterbrechen. Im Gegensatz zu einer unkontrollierten Durchseuchung kann so das ASP-Geschehen in Südhessen schneller kontrolliert werden. Somit kommt diese Maßnahme insbesondere einem gesunden Tierbestand der Zukunft zugute“,

so Markus Stifter, Pressesprecher des Landesjagdverbandes Hessen.

Aktuelle Regelungen für die Sperrzone I bleiben bestehen

In der Sperrzone I, die auch als Pufferzone bezeichnet wird und den äußeren, infektionsfreien Rahmen um das vorläufige Infektionsgebiet (Sperrzone II) bildet, sind weiterhin Bewegungs- und sogenannte Erntejagden, teilweise unter Auflagen, möglich. (Link zur Meldung des Rheingau-Taunus-Kreises: Bewegungs- und Erntejagden unter Auflagen wieder möglich).

Großes Medienecho zum Thema „Saufänge“: